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Jahrestagung «Baukultur back to the future»

Enrico Slongo, Präsident der Stiftung Baukultur Schweiz © Stiftung Baukultur Schweiz - Fotograf: Conrad von Schubert

2. Oktober 2024
Enrico Slongo | Baukultur persönlich

Jahrestagung «Baukultur back to the future»

Ansprache von Enrico Slongo an der Tagung «Baukultur back to the future» vom 03.10.2024.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister von Mendrisio
Sehr geehrter Herr Direktor der Accademia di architettura
Sehr geehrte Damen und Herren
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen

Im Namen des Stiftungsrats der Stiftung Baukultur Schweiz und im Namen unserer Partner Professoren der Architekturakademie der Universität der italienischen Schweiz in Mendrisio, heisse ich Sie herzlich willkommen zu unserer vierten Tagung unter dem Titel «Baukultur back to the future» hier im ehrwürdigen Palazzo Canavee und morgen im italienischen Generalkonsulat in Lugano.

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als Professor honore causa Mario Botta, Mitgründer dieser Architekturakademie, an der ETH in Lausanne das Projekt dieser Universität vor der Gründung 1996 vorgestellt hat. Es war damals sein grosses Anliegen, der Tessiner Architekturdiskussion einen Ort der Forschung, des Unterrichts und der Wissensaufbewahrung zu geben. Diese Universität sollte ihre regional geprägte und international bekannte Baukultur gleichzeitig bewahren, weiterentwickeln und weitergeben.

Mit seinen Berufskollegen Livio Vacchini, Luigi Snozzi und Aurelio Galfetti hat Mario Botta früh erkannt, dass im Tessin mit der Architektur-Tendenza eine Identität entstanden ist. Die Tendenza war aus dem Kontext des Tessins entwickelt. Ihre Projekte waren und sind noch heute von territorialer Bedeutung. Im Wort Territorium verbergen sich aber immer auch Fragen nach Besitz, Macht und Herrschaft über die Landschaft.

Wo steht der Kanton Tessin 28 Jahre später?
Lugano, Locarno und Bellinzona sind dank der Neat quasi zu einer Stadt zusammengewachsen. Ich habe gesehen, dass die Bevölkerung im Kanton Tessin im Vergleich mit anderen Kantonen fast nicht wachst. Waren es 2013 rund 346'000 Einwohner sind es 10 Jahre später rund 357'000. Gleichzeitig explodiert das Bevölkerungswachstum in der Schweizer. Wir sprechen von 10 Millionen Einwohner bis 2030. 12 Millionen Einwohner werden für die angrenzende Lombardei erwartet. Das Bundesamt für Statistik ging im Jahr 2021 sogar davon aus, dass bis ins Jahr 2050 die Bevölkerung im Tessin um 5 % schrumpfen wird. Was sind die Gründe?

1. Die niedrigste Geburtenrate in der Schweiz und gleichzeitig eine Tendenz zur Überalterung.
2. Junge Menschen ziehen aus dem Kanton weg.
3. Die Migration aus dem umliegenden Italien hat markant abgenommen und sich in grosse Pendlerströme verwandelt. Diese haben seit 2000 um 143% zugenommen.

Trotzdem sei im Kanton Tessin ein Immobilienboom ausgebrochen. Im Jahr 2021 wurden alleine im Raum Locarno über 30 % mehr Ferienwohnungen als im Jahr 2019 verkauft. Ferienwohnungen seien ein absoluter Renner. Der Kanton Tessin setzt auf den Tourismus. Von normalen Wohnungen jedoch gäbe es mehr als genug. Über 7000 Wohnungen standen im gleichen Jahr leer.

Diese demografischen Zahlen prägen unsere gebaute Umwelt, unsere Gesellschaft und unsere Baukultur. Ist der Kanton Tessin stark überbaut, verdichtet? Welchen Einfluss haben die Ferienwohnungen, der Tourismus auf die Gesellschaft der Tessiner? Wie verändert sich die eigene Baukultur, die Tessiner Identität bei einer sich alternden Gesellschaft? Wie verändern Infrastrukturbauten, besonders Verkehrsinfrastrukturbauten das Orts- und Landschaftsbild im Tessin?

Hohe Baukultur geht nicht ohne politischen Willen. Das ist die Lektion von der Architektur-Tendenza. Es ist wichtig, dass sich alle Beteiligten an den politischen, wirtschaftlichen und baulichen Prozessen über das gemeinsame Interesse an Qualität, Würde und Schönheit von Siedlung und Landschaft verständigen.

Dem Einfluss von demografischem Wandel und der Umgang mit Ressourcen einer Region wollen wir uns als Thema annehmen und Fragen wie sie hohe Baukultur beeinflussen.

Ich bin sehr gespannt, inwiefern uns diese Tagung dazu weiterbringen wird und wünsche Ihnen viel Vergnügen und interessante Gespräche; looking forward, looking back.

Jahrestagung «Baukultur back to the future»

© Stiftung Baukultur Schweiz

Stiftung Baukultur Schweiz

Die Stiftung Baukultur Schweiz ist eine nationale, neutrale und politisch unabhängige Stiftung. Im Frühjahr 2020 gegründet, bringt sie Akteure zusammen, schafft Plattformen, initiiert Prozesse und macht sich stark für jene, welche die Grundlagen der Baukultur inhaltlich ausarbeiten oder diese in der Praxis umsetzen.

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